Freispruch für den Umweltschutz

Gastbeitrag von Ulrich Scharfenort (www.ulrics.blog)

Auf einen Prozess im Zusammenhang mit Venator und Braunkohle habe ich hier hingewiesen. Ich war gestern bei dem öffentlichen Prozess in der Sache „Venator-Sprühkreideaktion“ als Zuschauer.

So wie ich das verstanden habe, haben Umweltaktivisten mit Sprühkreide hinterfragt, wie sicher die Arbeitsplätze bei Venator sind. Dies wurde scheinbar als echtes Graffiti mit permanenter Farbe fehlinterpretiert. Obwohl man auf Bildern vom Sprühmuster her eigentlich erkennen konnte, dass es sich um Sprühkreide und nicht Farbe handelt. Da würde ich so manche Handwerkerarbeit, bei dem der Gehweg dauerhaft verschmutzt wird, eher als Sachbeschädigung ansehen.

Ebenfalls war ein Argument, dass die Farbe von der Werksfeuerwehr von Venator sehr schnell entfernt werden konnte. Es gibt zwar speziellere Lösungsmittel als Wasser, aber diese dürften wohl kaum im öffentlichen Raum ohne Genehmigung eingesetzt werden. Verwunderlich ist ohnehin, dass sich die Werksfeuerwehr darum gekümmert hat.

Das es sich um Sprühkreide handelte, konnte mit der Quittung und einer der verwendeten Spraydosen belegt werden. Zudem wurde noch angeführt, dass der Angeklagte sich vorher Gedanken gemacht hatte, wie er die Botschaft rüberbringen konnte, ohne sich strafbar zu machen. Weshalb ja auch Sprühkreide gewählt wurde.

Ebenfalls bekannt wurde im Rahmen der Verhandlung, dass eine Beschäftigter von Venator als Zeuge geladen war, aber nicht erschien. Wenn also die Strafanzeige von Venator kam und wenige Tage nach der Sprühkreideaktion bekannt wird, dass die Arbeitsplätze bei Venator nicht sicher sind [Paywall], dann stellen sich Fragen. Gab es bei der Zerstörung der Botschaften wirklich keinen Zusammenhang? Wusste zu dem Zeitpunkt bereits jemand von den anstehenden Entlassung und wollte vermeiden, dass die Stimmung hochkocht?

Der Prozess endete mit Freispruch und bei den zahlreichen Zuschauenden mit Verwunderung, dass es überhaupt zum Prozess kam.

Im Anschluss an den Prozess wurde über weitere Aktionen beraten. Es gab zahlreichen Vorschläge, die nun nach und nach umgesetzt werden. Auch wurde erwähnt, dass die Nutzung von Braunkohle über das Jahr 2020 hinaus unwahrscheinlich ist, da der Braunkohlestaub für Venator nicht dem Allgemeinwohl dient. Die Fortsetzung der Sümpfung Hambachloch und damit die Schädigung bzw. Verschlechterung von Gewässern ist allerdings allenfalls für das Allgemeinwohl zulässig. Das heißt es ist nicht unwahrscheinlich, dass ab Ende 2020 kein Braunkohlestaub mehr kommt und die Firma ziemlich dumm da steht.

Text im Original:

https://ulrics.blog/2020/01/07/freispruch-fuer-den-umweltschutz-endcoal-venator-hambibleibt-allegegenrwe/