Offener Brief an Dr. Carsten Linnemann (CDU)

Guten Abend Herr Dr. Linnemann,

ich schreibe Sie an aufgrund Ihrer erneuten öffentlich gemachten Forderungen zur Streichung des Bürgergelds. Schon vor wenigen Wochen hatten Sie dies u.a. in der Sendung von Markus Lanz getan.

Auszug / Zitat aus der Sendung:

Linnemann: […] Wir haben jetzt einen neuen Ansatz, dass wir sagen: Der Staat geht davon aus, wenn jemand, der arbeiten kann, auch arbeiten geht. Und deswegen gibt es keine Sozialleistungen.

Lanz: Nur, dass wir das noch einmal verstehen. Dann kriegt der kein Geld mehr. Finito. Gar nichts.

Linnemann: Ja. Wenn jemand arbeiten kann, warum soll der dann Geld bekommen? Von jemanden, der Arbeiten geht?

Lanz: Ich sag nur – Der geht nicht arbeiten, der will nicht arbeiten, der macht das nicht. Und wo lebt der dann? Was macht der?

Linnemann: Der wird dann arbeiten gehen, weil er es muss. […] Das ist für mich so normal, als ob nach Sonntag Montag kommt. Tut mir leid, wenn ich das jetzt so platt sage. […]

Lanz: Ok. Wie groß ist jetzt das Potential, das sie dort sehen?

Linnemann: Sehr hoch!

Lanz: Wie viele Milliarden?

Linnemann: Das ist natürlich jetzt schwierig. Aber es werden … äh, äh …

<Zitat-Ende>

Ich bin ja prinzipiell damit einverstanden Überlegungen anzustellen wie Menschen die arbeiten könn(t)en auch dazu bewegt werden.

Nur sollte der dahinter stehende Grundgedanke und Grundsatz auch für alle gelten.

Mit fallen auf Anhieb eine Menge Leute ein, die Staatsgeld bekommen, ohne zu arbeiten.

Oder Leute und auch Unternehmen die Geld vom Staat bekommen (oder Steuern nicht zahlen müssen) obwohl sie es eigentlich nicht benötigen.

Just dieser Tage gibt es dazu zwei passende Meldungen:

https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/vermoegen-in-deutschland-warum-sich-bei-familienunternehmen-so-viel-reichtum-ballt-a-a2d62bdf-2354-4427-90b1-a18340d466af

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/dax-konzerne-erhalten-milliarden-subventionen-ist-das-noetig-19885777.html

Bei Lanz wurden die in den beiden Berichten enthaltenen Aspekte leider ausgeklammert, ebenso auch bei Ihren neuesten Äusserungen.

Kann es sein, dass es mit einer gewissen Lobby zu tun hat, die BürgergeldempfängerInnen nicht haben, wohl aber „gutverdienende“ UnternehmerInnen und Unternehmen?

Kann es sein, dass es unter den Letztgenannten FördererInnen der CDU gibt?

Oder gibt es sonst einen oder mehrere nachvollziebare Gründe, warum Sie eine höhere Besteuerung von Vermögenden und/oder die Kappungen von Subventionen wo diese nicht angebracht sind, ständig ausklammern und sich nur auf die BürgergeldempfängerInnen kaprizieren?

Ich war selbst lange Unternehmer, auch im Ausland, mir ist es nie in den Sinn gekommen mich an Schwächeren abzuarbeiten und diese womöglich zu Sündenböcken zu machen.

Ja, es gibt sog. faule Menschen. Wobei man trefflich darüber streiten könnte ob „faul“ der richtige und passende Begriff ist. Ebenso wie der Begriff „arbeiten“ mal geklärt gehört. Ist politisch tätig sein eigentlich Arbeit? Ist Fußball spielen eigentlich Arbeit? Ist das Verwalten von geerbtem Vermögen und Großgrundbesitz eigentlich Arbeit?

Und es gibt Menschen die sich auf Kosten anderer bereichern. Aber ich kann beim besten Willen nicht erkennen warum ich diese und die vorgenannten Faulen nur am untersten Ende der Lebenserfolgsleiter verorten sollte.

In Erwartung irgendeiner sinnstiftenden Reaktion verbleibe ich

mit freundlichem Gruß

Michael Schulze