Guten Morgen Herr Prof. Andree,
mit Interesse habe ich gestern das Interview mit Ihnen im heute journal (ZDF) verfolgt.
https://www.zdf.de/nachrichten-sendungen/heute-journal/sgs-sievers-andree-100.html
Dazu möchte ich Ihnen sechs eigene Ansichten mitteilen.
1. Der Sendungsbeitrag ist mit „Zensur findet nicht statt“ betitelt, was Sie auch einmal persönlich aussprechen.
Dazu Folgendes: Natürlich findet Zensur statt. Es mag in puncto Meinungsfreiheit ja noch durchgehen, dass man hierzulande so gut wie alles ungestraft äussern darf, ausgenommen straftrechtlich Relevantes, aber eben auch nur eingeschränkt dort wo es einen Zugang gibt. Ich gehe davon aus, dass der Mangel an eigenen „deutschen“ Social-Media-Plattformen nicht von ungefähr kommt. Man beklagt dies nun teilweise aufgrund der amerikanischen Übermacht die sich in die Politik einmischt, profitierte aber durchaus jahrelang davon, dass man unbequemen Leuten keine eigene Plattform bot.
Z.B. ARD und ZDF hatten und hätten durchaus das Geld so eine soziale Plattform zu betreiben, warum taten und tun sie es nicht? Man kann doch locker Millionen EURO für Sport-TV-Rechte ausgeben. Will man sich mögliche Kritik an Sendungsinhalten nicht quasi in Echtzeit gefallen lassen?
2. Die unter 1.) bereits erwähnte Monopolstruktur amerikanischer Plattformen, deren Herausbildung man jahrelang tatenlos zugeschaut hat, die viele der heute Kritisierenden aber gerne immer noch für sich selbst nutzen (wohl wegen der Reichweite), gab es auch vor der Online-Zeit – also vor dem Internet.
Damals herrschten noch ganz allein deutsche Konzerne.
Schauen Sie sich doch mal die Strukturen der deutschen Medienlandschaft an! Vier Großkonzerne beherrschen den Markt, teils mischt die SPD mit (Madsack). Nehmen wir als ein konkretes Beispiel nur das Ruhrgebiet. Hier hat sich lediglich ein Konzern (heute Funke-Gruppe) breitgemacht indem alle Tageszeitungen geschluckt wurden, auf die teils unschöne Art und auch der restliche Werbemarkt mit rund 60 Wochenblättern/Anzeigenblättern (aufgeteilt unter zwei Töchtern, WVW und ORA) wurde monopolistisch besetzt. Genutzt hat dies der Politik (vor allem der SPD), gestört hat dies niemanden. Auch hier wurden viele Meinungen anderer ziemlich rigoros ausgeklammert. In der guten alten Print-Zeit einen kritischen Kommentar über die SPD unterzubringen war schier unmöglich.
3. Um sich Meinungen bilden zu können sollte man auch informiert sein und sich informieren können. Das Pressegesetz NRW und auch der Medienstaatsvertrag NRW bieten einem dazu jede Gelegenheit – zumindest in NRW und zumindest was die Belange des Verwaltungshandelns im weitesten Sinne betrifft, wobei Verwaltungshandeln ja prinzipiell praktischer Ausdruck von politischem Willen ist.
M.a.W.: Durch kritisches Nachfragen kann man also Überprüfen (u.a. als Journalist) wie es um die Umsetzung von Politik bestellt ist. Als Bürger hat man zudem die Möglichkeit sich per IFG oder UIG kundig zu machen.
Das ist jedoch nur die Theorie.
Dies klappt nämlich nicht, wenn sich die auskunftspflichtigen Stellen nicht an die Gesetze halten und Auskünfte rigoros verweigern. Ich kann davon ein fast sieben Jahre dauerndes Lied singen.
4. Die noch amtierende Ampelregierung hatte ein Bundestransparenzgesetz auf den Weg bringen wollen, was im Koalitionsvertrag steht. Hat sie bis jetzt nicht und wird sie wohl auch nicht mehr. Es gibt stattdessen einen guten alternativen Entwurf auf transparenzgesetz.de – die Domain bundestransparenzgesetz.de gehört übrigens mir.
Frage: Wieso ist eigentlich ein Bundestransparenzgesetz notwendig – in einer Demokratie – wenn ein wichtiges Merkmal einer Demokratie die Transparenz ist? Jene Transparenz die den Medien ermöglicht über Vorgänge zu berichten und den Bürgern ermöglicht sich alle Informationen zu besorgen die sie u.a. für Wahlentscheidungen brauchen?
5. Richtig krude wird es, wenn ich andauernd lese wie wichtig die Transparenz ist, wie wichtig die Beteiligung am Willensbildungsprozess ist und wie wichtig die Medienvielfalt ist.
In allen drei Fällen kann ich erneut aus 7-jähriger Erfahrung konstatieren, dass eher verhindert wird was doch in einer Demokratie selbstverständlich sein sollte.
In Duisburg hätten wir, ohne mein eigenes Format (www.duistop.de), lediglich zwei TZ (WAZ/NRZ) der Funke-Gruppe, eine RP, wobei alle drei auch noch Artikel untereinander austauschen sowie ein Radio das zu 50% Funke und zu 50% der Stadt Duisburg gehört. Mir Auskünfte seit sieben Jahren zu verweigern kann doch a) nur bedeuten den Status Quo aus WAZ/NRZ, RP und Radio zu erhalten, wahrscheinlich weil man ihn gut kontrolliert. Und b) stellt somit niemand unbequeme Fragen.
Schauen Sie sich den Wegfall der vielen lokalen US-Medien an und den Aufstieg Trumps inkl. des Verfalls der US-Demokratie und inkl. des Zerfalls der sog. politischen Mitte! Parallelen zu Deutschland sind sicherlich vorhanden.
6. Inzwischen haben sich tausende Pressefragen angehäuft die mir alle nicht beantwortet wurden. Ich müsste jede einzelne einklagen, auf meine Kosten und trete dann gegen mein eigenes Geld an, da der Duisburger OB, der mir dauerhaft Auskünfte verweigert nur ins Stadtsäckel (Steuergeld finanziert) greifen muss und nicht in seinen eigenen Geldbeutel. Ganz abgesehen von der Zeit die mich das alles kosten würde.
Wie kann es sein, dass man in einer Demokratie Gesetze missachten kann um mich quasi zu unnötigen Aufwendungen und Ausgaben zu nötigen?
Ich bin gespannt ob und was Sie mir antworten.
Mit freundlichem Gruß
DUISTOP
www.duistop.de
Duisburger Stadtmagazin seit 2018
Michael Schulze