ThyssenKrupp antwortet auf Fragen zum geplanten Börsengang von TK-Uhde und zur Stahlsparte

In einem Beitrag auf capital.de berichtete der Redakteur Bernd Ziesemer am 6.12.2021 vom geplanten Börsengang der TK-Uhde Chlorine Engineers im Jahr 2022.

Er führte dabei aus seiner Sicht den Grund an, dass der ThyssenKrupp-Konzern weiterhin in Schwierigkeiten sei und dringend Cash brauche, weshalb auch die avisierte Beibehaltung der Mehrheit an TK-Uhde (nach dem Börsengang) angeblich nicht funktionieren würde.

https://www.capital.de/wirtschaft-politik/thyssenkrupp-verkauft-weiter-tafelsilber

Wie man der Unternehmensseite von TK-Uhde entnehmen kann ist ein Standbein die Herstellung von Wasserstoff-Produktionsanlagen und -technik.

https://www.thyssenkrupp-uhde-chlorine-engineers.com/en/products/water-electrolysis-hydrogen-production

Am 7.12.2021 gibt ThyssenKrupp eine Pressemitteilung heraus, dass das Gesamtunternehmen eine Topbewertung (in diesem Fall ein Rating für Investoren) u.a. für seine Nachhaltigkeit erhalten hat und diesbzgl. angeblich eine Top-Rolle in der Welt spiele.

https://www.thyssenkrupp-steel.com/de/newsroom/pressemitteilungen/thyssenkrupp-spielt-weltweit-fuehrende-rolle-im-klimaschutz.html

Dazu habe ich vor wenigen Tagen Fragen (fett und kursiv) an die Hauptpresseabteilung gestellt  und gestern darauf die Antworten erhalten:

1.) Stimmt es, dass es den vorerwähnten Börsengang von TK-Uhde in 2022 geben soll?
Wir prüfen intensiv, wie wir unser Wasserstoffgeschäft thyssenkrupp Uhde Chlorine Engineers bestmöglich weiterentwickeln können. Aktuell planen wir einen Börsengang als Vorzugslösung, um weiteres Wachstum zu finanzieren und den tatsächlichen Wert des Geschäftsbereichs sichtbar zu machen. In jedem Fall würde thyssenkrupp eine Mehrheit am Geschäft behalten.
Nähere Informationen zu UCE werden wir demnächst kommunizieren. Wir sind bei unseren Vorbereitungen im Plan.

2.) Wenn ja aus welchem Grund, denn immerhin zählt doch die Wasserstofftechnologie zu den Wachstumsbranchen und führt dementsprechend ja auch zu guten Ratings etc. (s.o.)?
Wir erwarten, dass nachhaltig erzeugter Wasserstoff in den nächsten Jahren einen großen Wachstumsmarkt darstellen wird.
Mit unseren Technologien im Bereich der Wasserelektrolyse und der Herstellung von grünen Chemikalien verfügen wir über sehr gute Voraussetzungen, um vom erwarteten Boom zu profitieren. Als einer von wenigen Anbietern weltweit können wir schon heute Wasserstoff im Gigamaßstab produzieren. Wie oben gesagt, es geht darum, weiteres Wachstum zu finanzieren.
Für thyssenkrupp ist Nachhaltigkeit integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie. Unser Ziel ist, weltweit innovative Produkte, Technologien und Dienstleistungen anzubieten, die zum nachhaltigen Erfolg unserer Kunden beitragen. Die guten Nachhaltigkeits-Ratings Ratings für thyssenkrupp (unter anderem sechsmal in Folge A-List bei CDP) beziehen sich stets auf die Nachhaltigkeits-Performance der gesamten Gruppe, insbesondere auf unsere Transparenz und unsere effektiven Management-Instrumente im Hinblick auf Nachhaltigkeit. Und genau deshalb werden wir auch in jedem Fall eine Mehrheit an diesem Geschäft behalten.

3.) Auf den TK-Webseiten erfährt man zudem, dass  TK-Steel in Duisburg auf Wasserstofftechnik umstellen will, dazu aber wahrscheinlich vorerst auf blauen Stahl zurückgreifen muß, anscheinend übergangsweise. Wieso eigentlich, wenn doch TK-Uhde bereits in der Sparte erfolgreich „unterwegs“ ist?
Unser Wasserstoffbereich stellt Elektrolyseanlagen her, mit denen sich Wasserstoff produzieren lässt. Dazu sind große Mengen Strom notwendig, mit dem Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird. Soll der Wasserstoff „grün“ sein, können ausschließlich Erneuerbare Energien dazu genutzt werden. Das heißt: Entscheidend für das Gelingen der grünen Transformation ist auch der schnelle Hochlauf der Erneuerbaren Energien.
Allein wir bei thyssenkrupp benötigen für die vollständige Umstellung auf eine klimaneutrale Stahlproduktion rund 720.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr. Das heißt, dass thyssenkrupp ca. 27 Prozent aller heutigen Windkraftanlagen benötigen würde, um den erforderlichen Wasserstoff zu produzieren. Daran sehen Sie, welche gigantische Infrastruktur notwendig ist, um die Bedarfe aller Akteure allein an Erneuerbaren Energien zu decken.
Der für die Zwischenzeit vorgesehene „blaue“ Wasserstoff wird, ebenfalls klimaneutral, aus Erdgas hergestellt. Das dabei entstehende CO2 wird abgetrennt und gespeichert.

4.) Warum wird ein verlustbringender Geschäftsbereich wie Stahl gehalten während profitbringende  Sparten wie Aufszugstechnik und nun ev. Wasserstofftechnik abgestossen werden (sollen) anstatt sie weiter auszubauen?
Wir wollen unser Stahlgeschäft verselbständigen. Wir sind davon überzeugt: Eine eigenständige Aufstellung eröffnet dem Stahl die bestmöglichen Zukunftsperspektiven.
Die Wasserstofftechnik soll nicht abgestoßen werden, siehe Fragen 1 und 2.

5.) Hängt die Beibehaltung der Stahlsparte auch mit zu erwartenden staatlichen Fördergeldern zusammen die u.a. Betriebsratschef Tekin Nasikkol 2020 einforderte?
Generell gilt: Wir wollen die Stahlsparte verselbständigen, siehe Frage 3.
Damit die angestrebten Klimaziele sowie die damit verbundene Dekarbonisierung nicht in einer Deindustrialisierung des Standorts Deutschland münden, sind politische (und finanzielle) Rahmenbedingungen erforderlich, die Planungssicherheit geben. Deutschland hat hier die Wahl, einen intelligenten Weg zur Dekarbonisierung zu beschreiten oder die Zukunft der Stahlindustrie (und damit wichtige Wertschöpfungsketten) im Land in Frage zu stellen.
Das heißt: Wir brauchen sehr konkret Planungssicherheit mit Blick auf die politische Unterstützung der Transformation, damit sich das Geschäftsmodell von Stahl auch mit den Herausforderungen rechnet, die durch den Umbau des kompletten Produktionsnetzwerks für die grüne Transformation entstehen.
Darüber reden wir auch mit der Politik. Das gilt allerdings nicht nur für thyssenkrupp.

6.) Wenn ja, um welche Beträge geht es dabei und wofür genau?
Die Gespräche mit politischen Institutionen über Unterstützungsmöglichkeiten, insbesondere hinsichtlich der grünen Transformation beim Stahl, dauern an.