B.B.-Bas-hing* – Neutralität ist in diesem Amt ein Grundverständnis von Demokratie

Der 14. Mai 2022, also heute, ist ein interessanter Tag, insofern als dass im bevölkerungsreichsten Bundesland der Republik morgen ein wichtiger Urnengang ansteht. Keine Sorge, es wird niemand beerdigt, oder doch, die SPD möchte die bisherige Herrschaft der CDU/FDP-Regierung im Land beerdigen bzw. beendigen.

Und dazu bedarf es sicherlich auch der Wahlkampfhilfe von ganz oben. So sieht man an den Strassenrändern derzeit nicht nur Scholz-Kutschaty-Fotos en gros, sondern man kann heute in der ZEIT auch ein Interview mit Bärbel Bas über … huch … über das Ruhrgebiet lesen – und das befindet sich … huch … mitten in NRW.

https://www.zeit.de/politik/deutschland/2022-05/baerbel-bas-bundestagspraesidentin-ruhrgebiet-duisburg/komplettansicht

Das Interview kommt so locker leicht rüber, so unschuldig, und hat doch einen deutlich wahrzunehmenden Charakter als Wahlkampfwerbehilfe für die SPD, denn Bas ist nunmal SPD-Genossin und die Bildunterschrift in der ZEIT vermittelt ja auch genau den Eindruck den ich hier entdecke und vermute.

So heisst es unter dem Bild das Bas inmitten zweier DuisburgerInnen zeigt (Zitat):

Bärbel Bas zu Hause in Duisburg: Die Bundestagspräsidentin macht im April Wahlkampf für die SPD in ihrer Heimat.

Naja könnte man denken, welch eine nette Frau dem Kutschaty auszuhelfen  nächster MP zu werden und auch dem Kanzler Scholz, damit für den der Ausgang der NRW-Wahl nicht zum Schuß vor den Bug mißlingt.

Ich erkenne bei aller Nettigkeit jedoch ein Problem, die gute Dame aus Duisburg in Berlin ist Bundestagspräsidentin und das geht mit einigen Rechten aber auch Pflichten einher.

https://www.bundestag.de/resource/blob/556768/776c7bb3e6cd1fd9ed85e539cca79b59/wd-3-074-18-pdf-data.pdf

Zitat/Auszug:

4.1. Äußerungen über politische Parteien
Äußert sich ein Amtsträger zugunsten der eigenen oder zu Lasten einer anderen Partei, so stehen seiner Äußerungsbefugnis Art. 21 Abs. 1 und Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG gegenüber.
Aus Art. 21 Abs. 1 GG wird das Recht der Parteien abgeleitet, gleichberechtigt an der politischen Willensbildung teilnehmen zu können. Im Wahlkampf verstärkt Art. 38 GG dieses Recht mit den Grundsätzen der Gleichheit und Freiheit der Wahl.

Maßgeblich für den Ausgleich zwischen der Äußerungsbefugnis des Amtsträgers und der Chancengleichheit der politischen Parteien ist der unverfälschte Wettbewerb der Parteien. Daher gilt ein staatliches Neutralitätsgebot, auch außerhalb von Wahlkampfzeiten. Hoheitsträger haben sich danach stets sachlich und korrekt zu äußern.  Diffamierende Äußerungen und Werturteile, denen sachfremde Erwägungen zugrunde liegen, sind unzulässig.  Im Wahlkampf gelten jedoch noch strengere Maßstäbe: Die staatliche Zurückhaltungspflicht wird umso größer, je näher ein Wahltermin rückt. Das Bundesverfassungsgericht will zwar keinen genauen Stichtag festlegen, nennt als Orientierungspunkt für die Bundestagswahl aber den Zeitpunkt, zu dem der Bundespräsident den Wahltag bestimmt: Dann gelte das Gebot äußerster Zurückhaltung; …

Nun äussert sich Frau Bas in dem aktuellen Interview von heute nicht direkt über andere Parteien aber zumindest schwingt durch, dass Sie ein Faible für die SPD hat.

An einer Stelle des Interviews heisst dann auch (Zitat/Auszug):

„Da werden wir immer lauter. Wir haben uns schon vor rund 10 Jahren mit den SPD-Ruhrgebietsabgeordneten zusammengetan, um eine Altschuldenregelung für die Kommunen zu bekommen.“

Tja, die Altschuldenerlasse sind in den Ruhrgebietsstädten insgesamt bereits eine langeanhaltende und lautstarke Forderung, doch nicht nur seitens von SPD-Parteimitgliedern und SPD-OBs.

Weiter sagt Bas (Zitat/Auszug):

„Wir (Anmerkung: Sie meint wohl die SPD.) haben dafür gekämpft, dass auch die Steinkohle-Regionen im Westen bei den Fördermitteln zum Kohleausstieg besonders berücksichtigt werden.“

Nun, wenn das keine Parteipolitik und Wahlwerbung ist dann weiß ich nicht was ein Neutralitätsgebot für eine Bundestagspräsidentin sein soll.

Eine Zeile weiter geht es auch noch um positive Auswirkungen auf Langzeitarbeitslose.

Aber:

Bas erwähnt im Zusammenhang mit dem Rückstand des Ruhrgebiets in puncto Image leider nicht diejenigen die das u.a. verschuldet haben und immer noch verschulden. Denn dann müssten viele Finger auch auf sie selbst und ihre SPD gerichtet sein.

Aus meiner ganz persönlichen Sicht kommt bei Bärbel Bas aber auch noch folgendes hinzu.

So ist es auch kein Wunder wenn in Duisburg, ihrer Heimatstadt, ein OB (auch von der SPD) „herrscht“ der mir seit vier Jahren keinerlei Auskunft über sein Wirken und das seiner Verwaltung gibt. Unser DUISTOP-Team hatte dazu in der Zeit als Bas noch einfache Bundestagsabgeordnete war mit ihr ein fast einstündiges persönliches Gespräch. Wir hatten ihr die Situation ausführlich geschildert, doch unternommen hat sie nichts.

Frage: Wie kann ich jemanden ernstnehmen der das zweithöchste Amt im Staat innehat, vom Ruhrgebietsimage und den tollen Leuten hier fabuliert, das Neutralitätsgebot mißachtet, keine Selbstkritik üben kann und sich noch nicht einmal für einen Grundwert der Demokratie nämlich die Pressefreiheit einsetzt?

Fazit:

Das ZEIT-Interview hätte Bas gut und gerne am kommenden Montag geben können.

Gegenargument: Wer liest die ZEIT?

Gegen-Gegenargument: Wozu dann das Interview?

 

Nachtrag:

Übrigens sind herzzerreissende Stories vom mühsamen Erfolgsaufstieg aus einfachen Verhältnissen an die Spitze nicht per se glaubhaft nur weil sie sich mit den Träumen und den Aufstiegsnarrativen decken die viele selber hegen und die deshalb so glücklichmachend klingen. Aufstieg kann auch erfolgen in dem man Angepassheit, Wegducken, Weggucken, Unauffälligkeit und Geduld an den Tag legt.  Und die richtigen Leute kennt.

*B.B.-Bas-hing = Bärbel Bas Bashing