Vermehrt LeserInnen-Anfragen wegen Bodenverseuchungen – und ätzende Trolle

Nachdem ich in den letzten Tagen vermehrt kritisch über die Bodenschutz- bzw. Bodenbelastungs- oder auch Bodenverseuchungsbiete die die Verwaltung nun offiziell ausweisen will, berichtet habe, haben mich einige besorgte LeserInnen angemailt – und auch solche die lediglich ihr Bedauern darüber kundtun wollen wie „suppi toll“ sie es finden, wie ich(!!!???) laufend am Negativ-Image der Stadt arbeite.

Diese Troll-Typen entwickeln sich teils zu echten Nerds, ganz und gar dem Wunsch verfallen mir die Pest und die Cholera an den Hals zu wünschen – natürlich alles anonym. Grüße zurück.

Egal, sollen Sie doch.

Wer ebenso meint ich würde viel zu sehr übertreiben, dem gebe ich hier und heute mal ein Beispiel an die Hand, wenngleich auch ein etwas betagteres, dass sehr gut den Umgang mit Schadstoffen in dieser Stadt verdeutlicht.

Übrigens ganz abgesehen davon, dass meistens die Verunreiniger und Verursacher beim Beseitigen nicht zur Kasse gebeten werden.

Also, wie gesagt ein betagtes Beispiel, aber dennoch ganz anschaulich. Vor allem wenn man bedenkt, dass von dem Dreckszeug ja noch viel mehr im Boden sein kann, nur erfahren wir es nicht. Aus welchen Gründen auch immer. Das alles hat in Duisburg übrigens ECHT Tradition.

Achten Sie vor allem auf die Zeiträume.

2019 gab es im Rat einen Sachstandsbericht über die Fortsetzung des Betriebes der Grundwassersanierung der ehemaligen Benzolfabrik an der Usedomstrasse in Neumühl.
Die ehemalige Benzolfabrik Neumühl war als Nebengewinnungsbetrieb der ehemaligen Zeche und Kokerei Neumühl angegliedert. Es erfolgte vornehmlich die Produktion von Benzol, Toluol (BTEX) und Naphthalin als Hauptbestandteil der teerstämmigen Kohlenwasserstoffe (PAK). Infolge von
Handhabungsverlusten während des langen Betriebszeitraumes (1913 – 1962) und von Kriegseinwirkungen während des zweiten Weltkrieges kam es zu erheblichen Boden-, Bodenluft- und Grundwasserverunreinigungen. Nach der Stilllegung der Benzolfabrik hat die Stadt Duisburg das Gelände gekauft. In den 60er Jahren erfolgte nach dem Abbruch der Firmengebäude die Errichtung von Mehrfamilienhäusern sowie einer Schule und eines Kindergartens. Nach dem Auftreten erster Verdachtsmomente für das Vorliegen von Untergrundverunreinigungen Anfang der 80er Jahre erfolgte ab 1994 die Aufnahme erster Maßnahmen auf dem Schulgelände zur Sicherung des Schulbetriebes.

Ich fasse zusammen: Bis Anfang der 60er wurde an der Usedomstrasse kräftig verunreinigt. Die verursachende Firma schloß, die Stadt kauft das Gelände und dann baute man Wohnungen, eine Schule und einen Kindergarten darauf. Anfang der 80er kam der Verdacht auf Verunreinigungen auf dem Schulgelände auf und ERST ab 1994 erfolgten Sanierungsmaßnahmen. Hier nachzulesen:

https://sessionnet.krz.de/duisburg/bi/getfile.asp?id=1620189&type=do

Man brauchte also rund 20 Jahre um einen Verdacht zu haben und dann rund 10 Jahre um Maßnahmen zu ergreifen. TOLL.

Und man kaufte das Gelände auch noch, fragt sich nur von wem. Eigentlich müsste es der Stadt geschenkt worden sein und zwar belastungsfrei oder mit einem dicken Scheck um die Belastungen entfernen lassen zu können. Denn was haben wir aus der Geschichte mit The Curve im Innenhafen gelernt, Investoren sind nicht so blöd, die kaufen nur baureife Gelände oder lassen es.

Besonders gut finde ich die FormulierungInfolge von
Handhabungsverlusten während des langen Betriebszeitraumes“,
yeap, genau das ist es was ich auch bei 6-Seen-Wedau vermute. Nur das dort keine chemische Fabrik werkelte, sondern lange Zeit ein Ausbesserungswerk der Bahn.

Die Schule an der Usedomstrasse wurde übrigens erst 2011 geschlossen und in das Gebäude zog vor einigen Monaten die GfB – Gesellschaft für Beschäftigungsförderung ein.  Die ließ dafür den bisherigen Firmensitz, den schönen alten Warbruckshof und die Bäume rundherum, dem Erdboden gleich machen.

GfB-Chef Linsen äusserte sich anläßlich des Umzugs nach Neumühl und angesichts der Benzolblase unter dem Gebäude und des Schadstoff-Meßgerätes nebem dem Gebäude in der WAZ wie folgt (Zitat):

„Wir haben aber alles ausmessen lassen, die Werte sind alle unbedenklich.“

https://www.waz.de/staedte/duisburg/nord/wegen-umgehungsstrasse-gfb-zieht-nach-duisburg-neumuehl-id230315830.html

Aber sicher, Herr Linsen, aber sicher.

Und die Kids von damals?