ThyssenKrupp Steel: Die richtig fette Kohle fliesst in Strömen

Vorbehaltlich der endgültigen Zustimmung aus Brüssel darf sich ThyssenKrupp Steel (TKS) eigentlich schon jetzt freuen. Die beabsichtigte grüne Wasserstoff-Transformation am hiesigen Standort kann also beginnen, mit  richtig fetter Staatsknete aus Düsseldorf und Berlin.

Vor wenigen Tagen kam man deshalb in Essen bereits zu einem feierlichen Tete-A-Tete („Stößchen!“) zusammen, in Anwesenheit von MP Wüst und BP Steinmeier, um geschätze 2,2 Mrd. EURO zu feiern, davon 700 Mio. EURO allein aus NRW, was einem 30%igen Anteil an der Gesamtförderung … äh … Subvention bedeutet.

Ich berichtete bereits im letzten Jahr, dass ein grosses Interview mit TKS so halbwegs in die Hose ging. Man brauchte über 10 Wochen um zu antworten und ließ dann auch noch viele der 45 Fragen einfach offen.

Noch weniger Antworten, nämlich keine, bekam ich danach auf Anfragen bei der NRW-Staatskanzlei und in Berlin. Und zwar nach den Gründen für die in 2022 schon angekündigte und avisierte massive Förderknete.

Im Herbst versuchte ich dann nachträglich noch bei TKS herauszufinden warum man denn nicht die gut verdienenden Töchter des Gesamtkonzerns (u.a. NUCERA – sinnigerweise verdienen die Geld mit Wasserstofftechnik) anzuzapfen, vergeblich, es kam darauf weder eine Reaktion noch eine dezidierte Antwort. Man hätte ja auch einen Teilbetrag aus dem Verkaufserlös der Aufzugssparte nehmen können.

TKS selbst ist wohl nicht in der Lage aus eigener Kraft die Sache zu stemmen.

Auch habe ich in diversen Geprächen herauszufinden versucht, ob denn Investoren bereit wären die Transformation zu bezahlen. Alle winkten ab und verwiesen auf … zu riskant, zu unrentabel.

Wie immer geht es bei der jetzigen Gemengelage aus politischer Sicht eher um den Erhalt der Arbeitsplätze bei TKS aber auch bei all den Zulieferern und um die Verhinderung eines Flächenbrandes und Jobkahlschlags in Duisburg. Weniger Rücksicht nimmt man aber anscheinend auf den Fortbestand von HKM.

https://www.waz.de/wirtschaft/thyssenkrupp-so-geht-es-am-stahlstandort-duisburg-weiter-id237642085.html

Zum Erhalt und zur Transformation des HKM-Standorts im Duisburger Süden erfährt man rein gar nichts.

Bei der Transformation hin zur grünen Stahlherstellung soll die bisherige Stahlproduktion in Hochofenanlagen künftig in Direktreduktionsanlagen erfolgen. Und grüner Stahl bedeutet, dass ein mit erneuerbaren Energien produzierter Wasserstoff bei der Stahlerzeugung verwendet werden soll.

Wie der Wasserstoff nach Duisburg kommt ist noch lange nicht klar, vor allem weil riesige Mengen davon gebraucht werden. Zudem  ist er nicht ganz ungefährlich beim Transport und bei der Lagerung.

Hier vor Ort wird er nicht in den erforderlichen Mengen hergestellt werden können, also wird wahrscheinlich das Ausland ihn liefern müssen. Bis es aber tatsächlich soweit ist, dürfte noch ziemlich viel Zeit verstreichen und die fossilen Energieträger bemüht werden müssen. Das alles wollten wir herausfinden, nur wie gesagt gab es keine Antworten. Ach ja, falls jemand meint, ich sollte doch nicht so anmassend sein, denn wer bin ich schon TKS solche Fragen zu stellen. Tja, ich hatte zwei ausgewiesene Praktiker aus dem Anlagenbau dabei.

Letztlich ergeben sich drei wesentliche Fragen:

A) Ist Duisburg als Standort eigentlich tatsächlich geeignet? Oder sollten die Direktreduktionsanlagen nicht besser am Ort der Wasserstoffherstellung errichtet werden, also ev. in Afrika, oder zumindest am Anlandungsgort der Lieferungen, also z.B. in Norddeutschland?

B) Ist es sinnvoll soviel Subventionsgeld allein TKS zu überlassen? Dazu habe ich mich mit einem Kritiker der Subventionen in Verbindung gesetzt, Herrn Professor Wambach vom ZEW. Er schickte mir u.a. diesen Link als Mitglieg des wissenschaftlichen Beirats des BMWK (dem Ministerium von Robert Habeck):

https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Publikationen/Ministerium/Veroeffentlichung-Wissenschaftlicher-Beirat/wissenschaftlicher-beirat-presseerkl%C3%A4rung.pdf?__blob=publicationFile&v=4

C) Sollte man das Geld nicht lieber in Zukunftsindustrien wie Solar- und Windkraft stecken, die wir allerdings schon mal mit Krawumms ins Abseits befördert haben? Oder in IT und KI? Oder in Bildung, Schulen usw.?

Und schlußendlich wird die Subventionitis weitergehen, denn der irgendwann mal grüne Stahl wird wohl preislich (da sehr kostenintensiv bei der Herstellung, Lieferung etc.) im Wettbewerb nicht mithalten können.

Tja, und dann kommt noch irgendein Student oder eine Studentin aus einem winzigen Dorf irgendwo in Asien auf einen genialen Einfall und entwickelt an ihrer UNI eine echte Stahl-Alternative = Gamechanger. Oder es werden weniger Autos gebaut, da die Verkehrswende ev. doch funktioniert, oder oder …

Dann is‘ schachmatt, aber nicht nur für TKS, sondern für uns alle, denn die Knete ist futsch. Unsere Kids sind schlecht ausgebildet, ihre Jobs schlecht bezahlt, die Renten sind noch gefährdeter als heute schon, …

Aus einer der hintersten und dunkelsten Ecken ruft mir gerade einer zu: „Es würden dann eben mehr Waffen, Panzer und Flugzeuge gebaut.“

Yeah.

 

Nachtrag vom 16.2.2023:

https://www.spiegel.de/wirtschaft/wie-gruener-wasserstoff-die-machtverhaeltnisse-auf-den-globalen-energiemaerkten-verschiebt-a-33f21e4c-4770-4eb6-9b38-6b73cfe51533