Mülheim hatte Ende 2017 mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von sage und schreibe 11.320 € die einsame Spitze in NRW. In NRW folgen auf Mülheim mit Abstand Oberhausen(9.871 €/Kopf) und Hagen(8.429 €/Kopf), also Städte, die bis vor drei Jahren noch weit vor Mülheim lagen. Beim viel sozialschwächeren Gelsenkirchen war die Pro-Kopf-Verschuldung mit 6.513 € nur etwas mehr als halb so hoch wie in Mülheim.
2018 dürfte Mülheim garantiert seinen „Spitzenplatz“ dabei noch weiter ausgebaut haben!
Um den RP wohlgesonnen zu stimmen, wurde im Mülheimer Rat am 6. Dezember eine drastische Grundsteuererhöhung von 640 auf 890 Punkte (= 39%-Erhöhung = erhoffte 16,2 Mio. Mehreinnahmen) beschlossen. Ebenso milde stimmten den RP scheinbar auch ÖPNV-Einsparungen iHv von 9,4 Mio. irgendwann und irgendwie die nächsten Jahre, nebulöse Personaleinsparung von 2,5 Mio. in 2021 und 6 Mio. in 2022 und eine allgemeine Absichtserklärung zur überfälligen Durchforstung der üppigen Ausgaben im Dezernat Bildung, Soziales, Jugend, Gesundheit, Sport und Kultur.
Der RP genehmigte daraufhin umgehend nachträglich den Haushalt für 2018 (erst im Dezember 2018!), um erneut zu vermeiden, dass die hochbezahlte sog. Aufsichtsbehörde einen Sparkommissar schicken müsste, um die seit Jahren völlig aus allen Fugen geratene Mülheimer Haushaltsführung und –planung zu korrigieren.
Inwieweit die fantasie- und perspektivlose Erhöhungsorgie bei der Grundsteuer
1.) überhaupt die erhofften ca. 16,2 Mio. Mehreinnahmen erbringen wird, ist unklar, denn sowohl bei Sozialmieten wie bei städtischen Anmietungen wird wohl evtl. die Stadt selber für die erhöhte Grundsteuer aufkommen müssen
2.) Ein noch viel größeres Problem: Weil die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer B in 2019 nach mehrfachen Urteilen des Bundesverfassungsgerichtes geändert werden muss.
Für etliche Eigentümer und in der Folge wohl auch Mieter wird damit die Grundsteuer steigen, für andere evtl. weniger ausmachen. Damit wird die Erhöhungsorgie in Mülheim noch größere negative Auswirkungen für manche Bürger/innen haben.
Doch egal: Erst einmal hat Mülheim nun auch bei der Grundsteuer B einen absoluten Spitzenplatz eingenommen.
Die Bescheide erreichten die Hauseigentümer bereits am 11. Januar, also knapp fünf Wochen nach der Ratsentscheidung. Die Verwaltung hat also trotz der Rathausferien von Weihnachten bis zum 6. Januar ungewöhnlich schnell und noch ungewöhnlicher effektiv gearbeitet, was man bei dem sonstigen Drunter und Drüber zumeist nicht mehr so gewohnt ist.
Viele Bürger/innen sind ziemlich erbost über die völlig unverhältnismäßige Mehrbelastung. Nicht wenige würden klagen, allerdings dürfte dabei keine Erfolgsaussicht bestehen, wie entsprechende Klagen in Duisburg vor zwei Jahren gezeigt haben.
Da der Rechtsstaat keinen Hebel bietet, kann man nur Landesregierung und Aufsichtsbehörde auffordern, sich endlich intensiver und anders als bisher um ihr „Sorgenkind“ Mülheim zu kümmern, denn schließlich bürgt das Land für seine Städte und auch Düsseldorf sollte es nicht gleichgültig sein, wenn die Bevölkerung in einer ihrer Großstädte derart vor den Kopf gestoßen wird.
Dass man vor Ort die offensichtliche Misswirtschaft nicht wirklich und ernsthaft angehen will, zeigt auch das ziemliche Desinteresse von Verwaltungsvorstand und Ratsmehrheit, bei Dezernatszuschnitten und Dezernentenwahlen vom gewohnten und grandios gescheiterten „weiter wie gehabt“ auch nur ein Jota abzurücken.
Gastbeitrag von Lothar Reinhard, MBI-Fraktionssprecher, Mülheim-Ruhr