Serm: Bauen im Landschaftsschutzgebiet? Kein Problem – man kennt sich und man hilft sich.

Vor einigen Tagen hatte ich etwas unauffälliger als sonst auf merkwürdige Vorgänge in Serm hingewiesen. Dabei geht es um ein dortiges Landschaftsschutzgebiet und zwei Baumaßnahmen, wovon eine bereits vollzogen wurde.

In Serm gibt es eine Karnvalsgesellschaft namens „KG Südstern Serm“ deren Präsident Bernd Baumann heisst, im Hauptberuf ist der Mann Rechtsanwalt. Die KG hatte vor Jahren Probleme mit ihrer Wagenbauhalle, man hatte zwar ein mögliches Baugrundstück, aber dieses war inzwischen Teil eines Landschaftsschutzgebietes geworden, also durfte dort nicht mehr gebaut werden.

Es drohte quasi der Verlust der uralten Karnevalstradition, denn ohne Wagenbau kein Umzug, ohne Umzug kein echter Karneval usw. usf. Also machten sich CDUler, angeführt von Thomas Susen, sowie Junges Duisburg auf zu helfen und anscheinend beim OB und beim damaligen Wirtschaftsdez. Haack (CDU, heute in Köln) heftigst zu insistieren.

Aus der WAZ vom 6.2.2019:

Im Ratsinfosystem ist zusätzlich ein Antrag zu finden in dem das Verlangen manifestiert wurde:

https://sessionnet.krz.de/duisburg/bi/getfile.asp?id=1610867&type=do

Anfang 2021 war es dann soweit, man erhielt von Link die Baugenehmigung im Landschaftsschutzgebiet zu bauen und feierte das per offizieller Pressemeldung.

Ein Jahr später erklärte Bernd Baumann von der KG Südstern Serm den ganzen Vorgang in einem Sessionsheft so:

Quelle (S. 18 und S. 19): https://kg-suedstern-serm.de/images/sessionshefte/prinzenheft_2022.pdf

Wir erkennen also wie sehr man doch im Rathaus bemüht war zu helfen. Merkwürdig, dass dies bei vielen anderen Angelegenheiten in Duisburg nicht so läuft und wer weiß bei wievielen es genauso läuft, wir es aber gar nicht mitkriegen.

Die Entscheidung war also keine politische, sondern eine seitens der Verwaltung. Aber es kommt noch besser.

Denn inzwischen wurde bekannt, dass im letzten Jahr auch ein Privatmann, man vermutet sogar ein Ratsmitglied, unweit der Wagenhalle ebenfalls eine Baugenehmigung bekam – im Landschaftsschutzgebiet.

Darüber habe ich mich bereits mit dem Vorsitzenden der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) Dr. Johannes Meßer ausgetauscht, denn in beiden Fällen ist er der Ansicht, dass dort nicht gebaut werden durfte und darf.
Er schrieb mir das Folgende:

Sehr geehrter Herr Schulze,

Beide Bauvorhaben sind bereits genehmigt. Die Wagenbauhalle des Karnevalsvereins wurde 2021 genehmigt (siehe beiliegende Pressemitteilung der Stadt Duisburg) und anschließend gebaut. Der Standort für die zweite Baugenehmigung für ein Wohnhaus befindet sich unmittelbar östlich davon. Sie wurde im Spätsommer 2023 erteilt. In der beiliegenden Karte sehen sie links die Wagenbauhalle und rechts mit der gestrichelten Linie das aktuelle Bauvorhaben.

Beide Bauvorhaben befinden sich gemäß des Landschaftsplans der Stadt Duisburg (rechtskräftig seit 1990) im Außenbereich und gleichzeitig in einem Landschaftsschutzgebiet. Der Flächennutzungsplan der Stadt Duisburg sieht nördlich der Straße Breitenkamp keine Bebauung vor, auch nicht der aktuelle Entwurf für den neuen Flächennutzungsplan. Entsprechend gibt es für diesen Bereich auch keinen Bebauungsplan.

Insofern ist die Aussage in der Pressemitteilung, wonach man länger gebraucht hat einen Standort außerhalb des Landschaftsschutzgebietes zu suchen, definitiv falsch. Beiliegend dazu noch ein Auszug aus dem Landschaftsplan zu diesem Bereich.

Ein Bauvorhaben nach §34 BauGB im Außenbereich zu genehmigen, ist meines Erachtens rechtswidrig. Für den Eingriff in Natur und Landschaft wurde der Beirat nicht beteiligt und auch keine Kompensation für den Eingriff festgesetzt. Die Fläche ist ja bereits gerodet.

Soweit meine ergänzenden Angaben zu diesem Fall.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Ich bin tagsüber unter … erreichbar. Bitte verwenden sie die Mailadresse …

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Johannes Meßer

 

Um zusätzlich mehr Licht ins Dunkel der Vergabe von solchen sicherlich begehrten Grundstücken und Baugenehmigungen zu bringen schrieb ich zusätzlich oben erwähnte Personen an. Zur Verdeutlichung der örtlichen Gegebenheiten schauen Sie sich bitte diesen Planausschnitt an, gestrichelt markiert ist die betreffende Fläche. Die Wagenbauhalle ist links davon:

Ich schrieb mehrfach an …

– OB Sören Link sowie die Presseabteilung der Stadt

– KG-Präsident Bernd Baumann

– CDU-Mitglied Thomas Susen

– Wirtschaftsdez. von Köln Andree Haack

… und stellte ein paar Fragen. Vor allem dazu wie das alles sein kann und wie es möglich gemacht wurde. Niemand reagierte bzw. antwortete. Fragwürdig auch was ein Wirtschaftsdez. wie Haack mit einer Wagenbauhalle zu schaffen hatte.

Gestern Nachmittag rief ich Thomas Susen an. Mein erster Eindruck: Er entschied sich wohl zwischen Pest (sofort auflegen und blöd dastehen) und Cholera (dranbleiben und antworten). Er wählte Cholera.

Das Gespräch war gar nicht kurz, vor allem konnte ich viel Interessantes zwischen seinen Sätzen entnehmen. Danke dafür Herr Susen!

Auf meine Frage warum er auf meine Anfragen nicht reagierte kam die Antwort, dass er nichts zu sagen bzw. zu schreiben hätte.  Nun, von der Erwartung einer gewissen Höflichkeit, zumindest kurz zu antworten, sollte ich mich mal endgültig verabschieden.

Im Grund entschied sich Susen im Wesentlichen dafür mir mitzuteilen, dass die Baugenehmigungen reine Verwaltungssache seien und ganz wichtig war ihm klarzustellen, dass es weder einer seiner CDUler noch ein SPDler sei der dort bauen dürfte. Er fragte angeblich bereits gezielt in beiden Fraktionen danach.

Unser aller Naturschutz ist ihm anscheinend weniger wichtig und auch nicht die Frage, die er dem OB hätte stellen können, wer denn der Bauherr ist und ob es sich tatsächlich um ein Ratsmitglied handelt.

Susen: „Ich weiß wirklich nicht wer dort bauen darf.“ Er fragte mich sogar noch wo das Grundstück denn eigentlich sei.

An der Stelle werde ich jetzt einfach mal nur ganz ruhig, schiele auf meine Eimer … okay, tief durchatmen.

Zu beiden Baugenehmigungen heute erneut eine Antwort von Dr. Meßer den ich aufgrund des Textes im Sessionsheft der KG (s.o.) nochmals gefragt hatte:

Was könnte das für ein legale Lücke sein für die man unter Dezernenten ein halbes Jahr brauchte? 

Hallo Herr Schulze,

der Grund, warum die Baugenehmigung im Landschaftsschutzzgebiet erteilt wurde, war die Genehmigung nach §34 Baugesetzbuch. D. h. man hat eine Fläche im Außenbereich, also im LSG, als Innenbereich definiert. Dies ist aus meiner Sicht absurd und nicht unbedingt eine Lücke im Gesetz. Das hätte man genauso auch auf dem Schotterplatz machen können. Ich kenne aber nicht die inhaltliche Begründung wie das funktionieren soll. In anderen Fällen musste auch ein BBP erstellt werden, um im Außenbereich bauen zu können (Prinz-Eugen-Straße in Walsum). Auch dort reichte es Kontakte zum Rathaus zu haben. So, wie es auch vollmundig in dem Artikel der Zeitschrift geäußert wird.

Auch die zweite Baugenehmigung wird mit §34 BauGb begründet, da die Flucht der Wagenbauhalle mit dem neuen geplanten Gebäude identisch ist.

Beide Vorhaben sind keine privilegierten Vorhaben, wie es beispielsweise bei Erweiterungen von landwirtschaftlichen Betrieben der Fall ist. Die haben Anspruch auf eine Genehmigung müssen aber den Eingriff in Natur und Landschaft kompensieren. Das ist hier bei der Wagenbauhalle und der aktuellen Genehmigung versäumt worden.

Mit freundlichen Grüßen

Johannes Meßer

 

Fazit:

Es besteht durchaus die drohende Gefahr, dass der 2023 genehmigte Privatbau dort in Serm nicht der einzige bleibt. Gute Beziehungen ins Rathaus und ein dort vorhandenes Wohlwollen sind allerbeste Voraussetzungen. Dazu Ratsleute die sich nicht wirklich interessieren (Wo sind die Grünen wenn man sie braucht?) und ein uns ständig vorgekaukelter Schutz von Umwelt und Klima. Passt.

Demnächst wird in Serm sicherlich ein Bauschild angebracht, den Namen des Bauherrn krieg‘ ich schon raus. Es werden noch Wetten angenommen um wen es sich handelt.