Von allen Kandidierenden zur kommenden Landtagswahl im Mai habe ich die Hälfte angefragt ob sie mit mir ein Interview in Form eines Fragenkatalogs durchführen würden. Die entsprechenden Kandidierenden habe ich per Los gezogen. Nur einer war bisher bereit mitzumachen und sich den Fragen zu stellen, der parteilose Eren Kocak. Die 13 Fragen hat er vor rund einer Woche von mir bekommen, heute Nacht um 1 Uhr kamen die Antworten. Wie immer veröffentliche ich alles 1:1 ohne jede Bearbeitung und Kommentierung von mir.
Frage 1:
Vielen Dank, dass Sie bei dem Interview mitmachen. Zuerst sollten Sie kurz beschreiben wer Sie sind und was Sie privat/beruflich machen. Und: Warum kandidieren Sie für das NRW-Parlament noch dazu als Parteiloser?
Antwort zu 1:
Vielen Dank für Ihr Interesse an meiner Kandidatur. Ich bin offen und jederzeit gerne bereit mit allen unseren Mitbürger:innen in den Dialog zu treten. Mein Name ist Eren Kocak, ich bin 30 Jahre alt und lebe mit meiner Lebensgefährtin und unserer gemeinsamen Tochter (die zweite ist unterwegs 🙂) in Rumeln-Kaldenhausen. Ich bin Offizier bei der Bundeswehr, genauer Oberleutnant des Heeres. Das Hauptmotiv meiner Kandidatur ist die Politik wieder transparenter zu machen und den Bürgern des Wahlkreises (im Sinne des Gesetzes) die Möglichkeit zu geben diese auch mitzugestalten. Daraus ergibt sich meine parteilose Kandidatur. Der Grundgedanke unserer Landesverfassung besagt, dass wir mit der ersten Stimme einen Direktvertreter wählen. Dies steht im direkten Interessenkonflikt, wenn eine parteigebundene Kandidatur vorliegt. Ich kann als unabhängiger und parteiloser Mandatsträger bspw. jedem Antrag (einer demokratischen Partei) zustimmen, wenn dieser im Sinne unseres Wahlkreises ist. Andererseits kann ich dagegen stimmen. Ich bin somit nur der Wählerschaft verantwortlich. Mein Wahlprogramm sind die Bürger:innen, wenn man es so sagen möchte.
Frage 2:
Wie beschreiben Sie mit jeweils drei kurzen Aussagen a) die Vorteile und b) die Nachteile Duisburgs?
Antwort zu 2:
a) Vorteile: Die Menschen hier sind jung, dynamisch und interkulturell. Der wirtschaftlich starke Standort und verhältnismäßig niedrige Lebenshaltungskosten (auch was das leider noch geringe Angebot an Kultur angeht).
b) Nachteile: Die immer noch zu hohe Kriminalitätsrate (auch wenn diese laut Statistik sinkt), soziale Brennpunkte und die Intransparenz bzw. schwierige Situation bei Behördengängen.
Frage 3:
Was wollen Sie ganz konkret (die drei wichtigsten Dinge/Ziele)Für Duisburg im Landtag tun und erreichen und woran wollen Sie dann auch gemessen werden?
Antwort zu 3:
Gemessen werden will ich daran, ob ich mein Ziel, der Bevölkerung wieder mehr Mitgestaltung der Politik zu ermöglichen, erreicht habe. Drei meiner persönlichen Ziele sind mehr Lebensqualität (Sporteinrichtungen, Freizeit, Kultur, Soziales) schaffen, die Umstrukturierung zu Lasten der Umwelt verhindern und das Wahlalter auf 16 senken, damit wir wieder vier Wahlkreise und dadurch mehr Abgeordnete im Landtag stellen, wie es für eine so große Stadt fair ist.
Frage 4:
WieFinden Sie es, dass ich seit Jahren versuche die bisherigen vier MdLs (alle SPD) zu konkreten Aussagen darüber zu bewegen, was sie denn konkretFür Duisburg im Landtag erreicht haben und darauf keine Antworten erhalte?
Antwort zu 4:
Nicht nachvollziehbar. Alle Mandatsträger sind in erster Linie der Bevölkerung verantwortlich. Es ist die Pflicht Rede und Antwort zu stehen.
Frage 5:
Stimmen Sie meiner Ansicht (und viele teilen diese) zu, dass in Duisburg die SPD das Sagen hat und eigentlich macht was sie will, die CDUler dabei lediglich die Aufgaben von Abstimm- und Zustimm-Lakaien haben um Mehrheiten sicherzustellen? Es gibt Ratsmitglieder die bezeichnen die Art von OB Link als Gutsherrenart.
Antwort zu 5:
Wenn man sich die Verteilung der Sitze im Rat anschaut, da ist die SPD halt der große Koalitionspartner und gibt den Ton an (salopp gesagt). Ich glaube aber schon, dass die CDU mehr ist als nur „Abstimm- und Zustimm-Lakaien“ und auch eigene Positionen durchbringt.
Frage 6:
Wie stehen Sie zu den Bestrebungen aus Duisburg eine China-Stadt zu machen, sehen Sie Probleme? Wir haben sogar ein eigenes Referat für China-Angelegenheiten. Und der Einfluss Chinas z.B. über das Unternehmen Cosco beim Kohleninsel-Projekt (Container-Terminal) ist nicht ohne – vor allem auch hinsichtlich möglicher kritischer Infrastruktur (Logistik). Fragen von mir dazu an die Bundes- und NRW-Landesregierung werden seit Wochen nicht beantwortet, sondern von Ministerium zu Ministerium geschoben. Die Stadt und auch Duisport antworten ebenfalls nicht.
Antwort zu 6:
Natürlich sehe ich Probleme darin, wenn Duisburg in jeglicher Hinsicht abhängig ist. Wenn wir uns wirtschaftlich nur auf die Gunst der Lieferung über die neue Seidenstraße verlassen sind wir langfristig verlassen. An sich ist es nicht verkehrt den Standortvorteil zu nutzen – nicht aber um jeden Preis. Ich hoffe, dass das Referat für China-Angelegenheiten auch dafür zuständig ist, ein ausgewogenes Maß in der Kooperation mit China und chinesischen Unternehmen sicherzustellen. Unter Berücksichtigung der massiven Expansion (und der damit einhergehenden Bestrebungen Chinas, die politische Einflussnahme zu erhöhen) müssen wir darauf achten, dass es uns nicht so ergeht wie anderen Städten und Ländern.
Frage 7:
Der Duisburger Norden gilt bei vielen als abgehängt, viele Neubauprojekte mit Strahlkraft finden in der Mitte (Duisburger Dünen) oder im Süden (6-Seen-Wedau) statt. Wie sehen Sie diese Entwicklung? Hätten LANUV und Polizeihochschule (beide Wuhanstrasse / Nähe Bahnhof)) nicht auch im Norden gebaut werden können bzw. sollen?
Antwort zu 7:
Sehe ich genau so. Nicht alle Projekte (Duisburger Dünen) hätten bspw. in dem Ausmaß in anderen Stadtteilen realisiert werden können. Zumal das Gelände dort ja auch brach liegt. Wenn es aber um Einrichtungen wie die Polizeihochschule geht, so sollten diese über das Stadtgebiet verteilt werden. Gerade die Polizeihochschule wäre im Norden ein starkes Signal.
Frage 8:
Ist die recht einseitige Ausrichtung Duisburgs in puncto Logistik (DUISPORT-LOGPORTS) nicht auf Dauer zu wenig für den Arbeitsmarkt, vor allem weil die Digitalisierung in diesem Sektor eher Arbeitsplätze vernichtet?
Antwort zu 8:
Ich finde die Aussage, dass die Digitalisierung Arbeitsplätze vernichtet sehr vereinfacht dargestellt. Sicher gehen Arbeitsplätze der Automatisierung geschuldet verloren, es werden jedoch an anderer Stelle mehr Arbeitsplätze geschaffen (siehe Fachkräftemangel in Innovationsbereichen). Hier müssen wir uns auch diversifizierter aufstellen. Keine einseitige Ausrichtung ist langfristig gut, weil es nachhaltig ist. Wir müssten aus den Gegebenheiten mehr machen. Ein Cluster auf dem Gelände des Logports nach dem Beispiel der Cluster-Politik Hamburgs. Von dort können wir viel lernen.
Frage 9:
Haniel beabsichtigt Ruhrort zum enkelfähigen Stadtteil zu machen und spricht in diesem Zusammenhang nicht nur von Klima- sondern umfassender von Umweltneutralität durch Kompensation mittels Renaturierung von Industriebrachen. Ist dies ev. ein Vorbild für andere Stadtteile auch in anderen Städten von NRW?
Antwort zu 9:
Eindeutig ja. Dazu den regionalen Klimaschutz einführen nach dem Beispiel Dortmunds.
Frage 10:
Die Stadt Duisburg nennt sich gern auch „Konzern Duisburg“. Wie stehen Sie zu den vielen Beteiligungsunternehmen der Stadt (vergleichbar in vielen anderen Städten) – ständig kommen neue hinzu?
Antwort zu 10:
Wichtig ist, dass ausreichend Trennschärfe zwischen der Stadt Duisburg in ihrer Verantwortung für das Gemeinwohl und der Wirtschaftlichkeit der Betriebe vorherrscht. Transparenz ist hier das Stichwort.
Frage 11:
Die Ruhrgebietsstädte verweigern seit Jahrzehnten mehr Kooperationen z.B. bei den Verkehrsgesellschaften und Stadtwerken, u.a. wohl auch weil viele städtische Gesellschaften (in jeder Stadt) auch viele gutdotierte Pöstchen für PolitikerInnen bedeuten. Wie beurteilen Sie das Versäumnis gemeinsam(er) aufzutreten, z.B. auch im Einkauf, und ist das mit den Pöstchen tatsächlich so?
Antwort zu 11:
Zu der bevorzugten Vergabe von Posten kann ich nichts sagen. Ansonsten plädiere ich unbedingt für mehr Kooperation der Ruhrgebietsstädte.
Frage 12:
Seit Jahren verweigern mir der OB, die Referate, Dezernate und auch Beteiligungsfirmen(Gebag, Sparkasse, DuisburgKontor, …) jegliche Presseauskunft. Wie stehen Sie dazu angesichts von Presserecht NRW und Medienstaatsvertrag NRW?
Antwort zu 12:
Da muss ich gar nicht das Presserecht NRW oder den Medienstaatsvertrag NRW lesen, um hier deutlich zu sagen: Presseauskunft und Informationsweitergabe ist gelebte Demokratie. Ich kann es mir nicht erklären.
Frage 13:
Wenn Sie könnten wie Sie wollten, welches Gesetz bzw. welche Verordnung (egal ob Land oder Bund) würden Sie sofort und als erstes wie ändern und/oder ergänzen?
Antwort zu 13:
Auf Bundes- und Landesebene das Wahlrecht ab 16 Jahren. Die jungen Menschen zeigen uns seit Jahren, dass sie kognitiv in der Lage sind kritisch zu reflektieren. Dadurch würde auch eine nachhaltigere Politik umgesetzt werden.