In der letzten Woche habe ich auf den letzten Drücker nochmals alle Kandidierenden aus Duisburg angemailt und um ein Interview bzw. die Beantwortung von Fragen gebeten. Nur drei haben reagiert:
Mirze Edis von Die LInke, Rainer Holfeld von der AfD und Markus Giesler von der FDP
Nicht reagiert haben u.a. Bas und Özdemir von der SPD, Kappes von der FDP, Mahlberg und Mosblech von der CDU, Banaszak und Kaddor von den Grünen.
Dazu passt diese Geschichte: https://www.nrz.de/staedte/duisburg/kandidaten-in-duisburg-schweigen-ist-nicht-immer-gold-id233371095.html
https://www.nrz.de/staedte/duisburg/duisburger-erstwaehlerin-fragt-warum-sollte-ich-sie-waehlen-id233370901.html
Rainer Holfeld (AfD) hat bereits geantwortet, nun hat dies auch Mirze Edis (Die Linke) getan:
Was versprechen Sie den DuisburgerInnnen konkret für den Fall Ihres Einzugs in den Bundestag und für Ihre Abgeordnetentätigkeit in der kommenden Legislatur?
Versprechungen kommt im Falle anderer Parteien von „Da habe ich mich versprochen.“. Scherz beiseite: Ich setze mich auch als HKM-Betriebsrat und Gewerkschafter schon für den Erhalt nicht nur der Stahlarbeitsplätze in Duisburg ein (dahinter steht ein hoher Faktor Beschäftigter in der Zuliefer- und Dienstleistungsbranche – auch in Duisburg), für gut bezahlte Arbeit, die Abschaffung von Hartz IV und mehr soziale Sicherheit. Das tue ich auch in der Politik. Ich kann zumindest versprechen, für alle Anliegen der Duisburger:innen immer ein offenes Ohr zu haben und mich ihm Rahmen meiner Möglichkeiten für ihre Interesssen auch einzusetzen.
Ich habe alle derzeitigen Kandidierenden in Duisburg angeschrieben, nur drei – Sie inklusive – haben reagiert. Was sind Ihre Gründe an dieser Befragung teilzunehmen?
Ich beantworte grundsätzlich im Rahmen meiner zeitlichen Möglichkeiten, ich bin auch vollzeitberufstätig, gewerkschaftlich engagiert und nebenberuflich in der Kommunalpolitik sehr aktiv, alle Anfragen, die an mich gerichtet werden.
Warum hat Ihre Partei Sie aufgestellt?
Ich bin seit fast zwei Jahrzehnten in meiner Partei aktiv und engagiert. Im Rahmen der aktuellen Stahlkrise und die Transformation hin zu grünem Stahl, also der aus unserer Sicht durch staatliche Beteiligungen oder einer Stiftung als Schlüsselindustrie in öffentliche Hand umgebauten CO2-neutralen wasserstoffbasierten Stahlindustrie, bringe ich als Gewerkschafter aus dem Betrieb mehr als ausreichende Expertise mit, mich u.a. dafür im Wahlkampf glaubhaft einzusetzen. An den Arbeitsplätzen, auch wenn viele bereits seit Jahrzehnten weggefallen sind, hängt in Duisburg immer noch mehr dran, als viele Menschen glauben.
Was haben die beiden derzeitigen Abgeordneten im Bundestag -beide von der SPD(Bas und Özdemir) Ihrer Meinung nach für Duisburg konkret in der noch laufenden Legislatur bewegt/erreicht?
Oh je. Ich möchte hier kein „SPD-Bashing“ betreiben. Zuviel haben die Sozialdemokraten in diversen Konstellationen im Bund, Land und auch in Duisburg herunter gewirtschaftet. Frau Bas, die dem „linken Flügel“ der SPD angehört, habe ich immerhin immer positiver wahrgenommen als den Rest ihrer Partei. Ich halte sie für eine authentische und glaubhafte Person, die, aus Sicht eines LINKEn, nur leider einer SPD angehört, die es seit mehr als 20 Jahren nicht mehr gibt. Was sie erreicht hat, kann ich nicht beurteilen. Zu Herrn Özdemir sage ich an dieser Stelle nichts, außer so viel, dass er zum „Seeheimer Kreis“ innerhalb der SPD gehört und damit erübrigen sich fast alle anderen Statements.
Welche dringendsten Probleme(bereiche) müssen Ihrer Meinung nach a) in Deutschland und b) besonders in Duisburg angegangen werden? Nennen Sie mind. jeweils drei!
Soziale Sicherheit (schon vor Corona-Pandemie drängend): Renten, Hartz IV abschaffen, sanktionsfreie Grundsicherung auch für Kinder einführen, Mindestlöhne erhöhen, Mindestrente von 1.200 Euro nach holländischem oder österreichischem Vorbild gegen Altersarmut einführen, Mietendecke und kommunaler und genossenschaftlicher sozialer Wohnungsbau, etc. Den Gesundheitssektor schlage ich ebenfalls dem Bereich der sozialen und öffentlichen Daseinsfürsorge zu. Die Corona-Pandemie hat deutlich gezeigt, wie sehr auch hier abgewirtschaftet wurde
Klimawandel eindämmen: Dazu gehört eine breite Palette von Maßnahmen, die DIE LINKE aber immer sozial abgefedert sehen will. Massiver Ausbau des ÖPNV mit klimaneutralen Verkehrsmitteln und der im besten Falle kostenlos sein muss. Etc.
Abkehr von der neo- und wirtschaftsliberalen Sparpolitik der „schwarzen Null“: Joe Biden macht es mit der Modern Monetary Theory vor. Ein Staatshaushalt ist keine schwäbische Hausfrau und kann und darf Schulden machen, sofern eine Gegenfinanzierung auch durch eine Vermögens- und Erbschaftssteuer auf große Vermögen gewährleistet wird. Die Summe aller Schulden und Vermögen in einer Volkswirtschaft ist immer gleich Null. Bei einem geschätzten Vermögen in Deutschland von zurzeit ca. 12 Billionen Euro, der größte Teil davon gehört nicht uns als sogenannten „Otto-Normal-Verbrauchern“, sollte man mal in sich gehen, was in Deutschland schief läuft. Das Geld wird allen Menschen nutzen für Investitionen in die marode Infrastruktur, Digitalisierung, Bildung und vielen andere Dingen mehr.
Kommunale Finanzen: Duisburg muss endlich von den Altschulden befreit werden, aber auch von vielen anderen Kosten, die der Bund auf uns abgewälzt hat und nicht mehr zu stemmen sind. Bei einer Steuerreform müsste man endlich auch an die ungerechte Verteilung der Steuereinnahmen ran, damit mehr Einnahme auch in der Stadtkasse verbleiben, und nicht an Bund und Land fließen. Reine Fixierung auf Gewerbesteuer und Grundsteuern als Haupteinnahmequellen der Kommunen habe viele Städte nur in eine ungesunde Konkurrenz in der Jagd auf private Investoren getrieben, die allen Städten, es gibt in NRW nur wenige Ausnahmen, mehr geschadet als genutzt hat. Der Umwelt, den Städten und natürlich auch den Menschen. Eine nachhaltige, regionale und intelligente Entwicklung sieht anders aus. Nach einer Schuldenbefreiung und Reform hätte Duisburg überhaupt erst wieder Luft zum Atmen und finanzielle Mittel, um unsere Stadt wirklich voran zu bringen. Soziales, Infrastruktur, kommunale Dienstleistungen die die Attraktivität steigern, Umweltprojekte, etc.
Logistik und Verkehr: Damit einher gehen viele Umweltprobleme. Duisburg ist hier nicht nur in Bezug auf die Verkehrsbelastung längst über das Limit hinaus. Der Verkehrsinfarkt programmiert. Die „Seidenstraße“ wird die Probleme verschärfen und die Verkehre zunehmen. Die Folge: Noch mehr Flächenfraß, wie z.B. der geplante Bau der „Osttangente“ in Rheinhausen, die in einem der letzten Landschaftsschutzgebiete Duisburgs gebaut werden soll. Zudem sind in der Logistik oft Niedriglohnjobs entstanden, die auch soziale Probleme Duisburgs weiter verschärft.
Wie ich oben schon erwähnte: Als Betriebsrat bei den Hüttenwerken Krupp-Mannesmann treibt mich der Umbau der Stahlindustrie besonders um und ich bin in Sorge, da die Stahlkrise die bereits rar gewordenen gut bezahlten Industriearbeitsplätze bedroht. Sollte diese Transformation nicht gelingen, auch aus Umweltsicht, wäre das ein weiterer Sargnagel für Duisburg, der den sozialen Frieden gefährdet.
Wie würden Sie das Wahlprogramm Ihrer Partei kurz in drei Sätzen zusammenfassen?
Das hat meine Partei schon gut im Titel des Programms hinbekommen: Zeit zu handeln: Für soziale Sicherheit, Frieden und Klimagerechtigkeit!
Wo sehen Sie die wesentlichen Stärken Duisburgs und wo die Schwächen? Nennen Sie jeweils mind. drei Punkte.
Stärken:
Bodenständige offene Menschen: Ruhrpott eben!
Mehr Natur (zumindest noch, wenn wir nichts tun) als man außerhalb Duisburgs glaubt.
Eigentlich eine ideale Lage im Zentrum Europas
Schwächen:
Infrastruktur wurde jahrzehntelang vernachlässigt (Gründe: siehe oben)
Falsche Prioritätensetzung der Politik, auch der Schuldenbremse zu verdanken
Meine Meinung: Die Stadt ist zu sehr gespalten, auch zwischen den Stadtteilen.
Der Duisburger OB verweigert mir seit drei Jahren jegliche Presseauskunft und hat auch seine Mitarbeitenden anscheinend dazu verdonnert zu schweigen. Auf Schreiben an alle derzeitigen Ratsmitglieder mit der Bitte um Intervention und Einflussnahme auf den OB wurde von niemandem reagiert. Auch Sie reagierten als Ratsmitglied nicht. Warum nicht?
Mir ist kein Schreiben bekannt. Falls mir das entgangen sein sollte, bitte ich um Entschuldigung. Unsere persönliche Erfahrung als Ratsfraktion mit OB Sören Link lässt sich in der Floskel „Durchregieren nach Gutsherrenart“ gut deutlich machen. Das fängt damit an, das er sich seit Jahren weigert, Gremiensitzungen der Öffentlichkeit als Livestream zur Verfügung zu stellen, wie es in vielen Städten längst üblich ist. Im Prinzip werden alle Anfragen und Anträge der Opposition gnadenlos mit üppiger Ratsmehrheit abgeschmettert. Auf Antworten warten wir i.d.R. sehr lange und wenn mal alle Stricke reißen, reagiert Sören Link „über“ und hat sehr emotionale Auftritte in den Gremien und wirft u.a. uns vor, Beispiel „Taskforce Immobilien“ (In den Medien steht, sie sei ein Erfolg was Räumungen, etc. angeht. Es gibt seitens der Verwaltung aber keine vorgelegten evaluierten Zahlen, worin dieser Erfolg außer der Vertreibung von Osteuropäer:innen denn nun genau bestehen soll.), nur „Wahlkampfgetöse“ zu betreiben und seinen Mitarbeitern:innen und ihm „Rassismus“ vorzuwerfen (dabei stand in unseren Anträgen und Anfagen davon kein Wort). Und das ist der Stil Sören Links.
Und was würden Sie nun veranlassen, da ich Sie erneut darauf hinweise, dass der OB mir jedwede Auskunft verweigert, trotz Pressegesetz NRW und trotz Medienstaatsvertrag?
Ich würde Sie zunächst bitten, mir dieses Schreiben erneut zukommen zu lassen. In Bezug auf unsere im Sande verlaufenden Anfragen haben wir auch noch so einiges in der Pipeline. Und ich würde nach der Bundestagswahl dann auch gerne mit Ihnen telefonieren, um darüber zu sprechen.
Welche sind Ihre drei hervorstechendsten politischen Eigenschaften?
Sich selbst zu beschreiben, ohne das es sofort nach Eigenlob klingt, ist schwierig.
Integer und zuverlässig. „Kumpeltyp“ und nicht abgehoben.
Gutmensch mit sozialer Ader in der besten Bedeutung, dabei aber kämpferisch und durchsetzungsstark.
„Ich kann nicht wegsehen“. Gerade in Sachen sozialer Schieflagen, Armut, Ausbeutung und anderer Dinge.