Mario Mais (Jahrgang 1971) hat jahrelang bei Studio 47 durch die TV-Talksendung „spruchreif“ geführt und dabei jede Menge bekannte und auch unbekannte DuisburgerInnen interviewt. So z.B. auch den OB mindestens einmal jährlich in einem Zweiteiler. Seit Juni 2021 moderiert er eine eigene Talkshow für das DeutscheMarketing.TV. Hauptberuflich arbeitet er als Marketingverantwortlicher für das Auslandsgeschäft einer Duisburger Getränkemarke und wohnt mit seiner Familie in Walsum.
Zweimal durfte ich ihm in der spruchreif-Sendung Rede und Antwort stehen, diesmal habe ich den Spieß umgedreht und ihn gefragt.
Mais: Zuerst einmal lieben Dank für Ihre Fragen, die ich gerne beantworte. Sie sind einer der wenigen Journalisten, die kritischen Sachverhalten hinterher recherchieren und auch am Ball bleiben. Allerdings – bei aller kritischen Betrachtung – verwenden Sie einen gewöhnungsbedürftigen frechen Stil, der nicht sein müsste.
Mario Mais in Aktion beim TV-Talken – Bild © Mario Mais
1. Frage: Sie haben den OB jährlich mindestens einmal ausführlich interviewt, dabei ging es für meine Begriffe ein wenig zu handzahm zu, was können Sie uns über den OB sagen, was zeichnet ihn im Amt aus, was nicht und kennen Sie ihn auch persönlich?
Mais: Das Konzept meiner Sendung „spruchreif“ ist darauf ausgelegt, „bekannte“ Duisburger vorzustellen, mit dem was sie tun. Natürlich werden im Rahmen eines Gesprächs auch kritische Themen angesprochen, aber es ist eben nicht der Tenor der Sendung, es ist keine Politsendung. Die kritischen Themen werden ja in der tagesaktuellen Presse behandelt.
Ich habe Sören Link im Rahmen seiner ersten OB-Wahl kennengelernt. Wir duzen uns, kennen uns aber nicht persönlich. Sören versteht es, auf Menschen zuzugehen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Aber, und das war auch Teil meiner Kritik bei meinen Sendungen, ihm war seine Wiederwahl wichtiger als z.B. das Outlet (wofür er sich ja „offiziell“ eingesetzt hat).
2. Frage: Der OB gibt mir bzw. DUISTOP seit fast drei Jahren keine Antwort auf Presseanfragen und auch seine Dezernate nicht, was halten Sie davon und warum glauben Sie sind er und seine Leute so auskunftsunwillig?
Mais: In meiner mittlerweile 15-jährigen freien Tätigkeit habe ich bisher keine negativen Erfahrungen mit dem Duisburger Amt für Kommunikation gemacht. Ich heiße es nicht gut, dass Sie keine Antworten bekommen, zur Not lassen Sie gerichtlich klären, ob es rechtens ist.
3. Frage: Wie beurteilen Sie die hiesige Medienlandschaft, ist Ihrer Meinung nach eine Vielfalt an Medien und Meinungen sowie kritischer Begleitung gewährleistet? Wir leben immerhin in turbulenten Zeiten.
Mais: Als Medienhauptstadt ist Duisburg nicht bekannt. Aber immerhin, für eine 500.000er Stadt, haben wir eine WAZ- und eine RP-Gruppe bei den Tageszeitungen, einen lokalen Radiosender und mit STUDIO47 einen lokalen TV-Sender.
Die Medien haben in letzter Zeit eine Menge Kritik einstecken müssen. Mein Anspruch ist es nicht, dass die Medien Menschen vorführen und eine offizielle Meinung vorgeben. Vielmehr sollen die Medien in meinen Augen neutral über Sachverhalte berichten, sodass der Konsument die Möglichkeit hat, sich ein eigenes Bild zu schaffen. Das ist nicht immer einfach, weil man ja auch irgendwo eine eigene persönliche Meinung hat.
Auch Ihnen gelingt dieser Spagat nicht, da Sie Ihre eigene Meinung/Haltung einfließen lassen und somit eine Stimmung kommunizieren. Ihre oftmals berechtigte Kritik braucht aber Ihre persönliche Haltung nicht.
4. Frage: Was halten Sie von der Arbeit (den Leistungen) von Herr Andree Haack (Dezernent für Wirtschaft) und von der Rasmus Becks als Geschäftsführer der GfW bzw. der Duisburg Business & Innovation (DBI)? Wie beurteilen Sie ausserdem die Neuaufstellung der GfW/DBI ohne GesellschafterInnen aus der freien Wirtschaft?
Mais: Die Stelle von Andree Haack gab es in dieser Form nicht (was natürlich ein Unding für eine Großstadt wie Duisburg ist). Ich bin mir auch nicht sicher, ob die Zusammensetzung des Dezernats wirtschaftlich zielführend ist. Aber Herr Haack musste sich erstmal seinen „Freiraum“ erarbeiten.
Wirtschaftlich hätte aber gerne mehr passieren dürfen. Sicher, wir haben Corona (da will ich jetzt auch nicht weiter drauf eingehen). Aber noch fehlen mir die Impulse.
Ich hoffe, mit der Verpflichtung von Herrn Beck ist der Stadt ein großer Coup gelungen. Zumindest nehme ich von außen einige positive Veränderungen wahr (und sei es nur, weil über Social Media endlich mal coole Bilder gepostet werden). Es ist aber noch zu früh, es zu bewerten, geben wir Herrn Beck die Zeit der Einarbeitung.
Die Umbenennung der GfW in DBI stammt aus dem Marketing-Lehrbuch Seite 1: Läuft es mit dem Namen nicht rund, so gebe dem Kind einen neuen Namen (so wurde aus Germanwings z.B. Eurowings). Aber auch das ist legitim.
Ich habe aber das Gefühl, dass die GfW/DBI durch das Ausscheiden der Gesellschafter die Nähe zu den heimischen Unternehmen verliert. Der Kontakt war mal deutlich näher und besser.
5. Frage: Wie beurteilen Sie die derzeitige Lage der City und was wurde Ihrer Meinung nach versäumt/falsch gemacht und was richtig – besonders nach der Ablehnung des DOC durch die Bürgerschaft (2017)? (Corona lassen Sie ev. unberücksichtigt.)
Mais: Man muss sich fragen, was machen andere Städte anders als Duisburg, warum findet man Hamburg, München, Frankfurt oder Heidelberg chic und Duisburg eben nicht? Die Entscheidung muss lauten, will ich sexy für Touristen werden oder bleibe ich die graue Maus für die Duisburger Bevölkerung.
Ich glaube durch den Bürgerentscheid gegen das DOC hat man das Dilemma gesehen: Die konservativen Duisburger wollen bloß keine Veränderung, es soll so bleiben, wie es ist, vielleicht mit ein paar Blümchenampeln. Von den leeren Versprechungen der Outlet-Gegner ist ja nichts umgesetzt worden („Und die Stadt blüht auf.“), man könnte sagen, wir sind an der Nase herumgeführt worden.
Ich bezweifle auch, dass mit einem bisschen Kunst im öffentlichen Raum das Dilemma gelöst ist. Ich hoffe, dass sich jetzt die richtigen Leute Gedanken um unsere City machen und da gute Ideen erarbeitet werden, die auch wirklich als solche zu bezeichnen sind.
Auf die Frage, was falsch gemacht wird: Man lässt sich zu viel Zeit. Die Abwahl des Outlets war 2017, passiert ist bisher nichts.
6. Frage: Was sagen Sie zu dem derzeitigen Gezerre innerhalb der SPD um die Besetzung der SPD-Spitze in Duisburg und wie beurteilen Sie die Konstellationen im Rat, wo die SPD alleine nicht „durchregieren“ kann weil u.a. die Koalition mit den Grünen nicht zustande kam?
Mais: Die SPD hat sich bei dem Führungsstreit keinen Gefallen getan. Wenn die Statuten (also eine Satzung) keine Doppelspitze zulässt, dann ist das eben Gesetz! Insoweit bin ich sehr erstaunt, was da passiert ist. Das Ganze wurde ja nur durch die Rivalität von Armin Laschet und Markus Söder in der K-Frage getoppt.
Dass die SPD im Rat keine Mehrheit mehr hat, ist für eine Demokratie nicht umbedingt negativ, es macht höchstens Entscheidungen schwieriger, weil immer wieder Kompromisse mit den anderen Parteien getroffen werden müssen. Und Kompromisse sind dann der kleinste mögliche Nenner. Auf der anderen Seite war es ja ein längerer Prozess, auf den die SPD zu spät reagiert hat (und der Prozess hat ja bereits auf Bundesebene begonnen). Die SPD hat vergessen sich zu verjüngen (was die Themen angeht) und ich glaube, dass ist der Kern des Problems. Im Marketing würde man sagen, sie bedient eine wegsterbende Zielgruppe (klingt hart, ist aber so).
7. Frage: Was versprechen Sie sich von den grossen Neubaugebieten in Wedau und am Hauptbahnhof für Duisburg und werden die avisierten DüsseldorferInnen als KäuferInnen oder MieterInnen gewonnen werden können?
Mais: Von den neuen Projekten verspreche ich mir in der Tat sehr viel! Es könnte der große Schub werden, den unsere Stadt so lange verdient hat.
Ich bin natürlich nicht mit der Ausführung aller Projekte komplett einverstanden. Das Sieger-Projekt der Dünen am HBF sieht so aus, wie ein Entwurf, der schon 2010 oder 2011 einer kleinen Öffentlichkeit im Drei-Giebelhaus vorgestellt wurde. Ohnehin halte ich das Projekt für nichts anderes, als das was jede andere Stadt mit einem ehemaligen Güterbahnhof schon längst umgesetzt hat (erste Station rechte Seite kurz vor Einfahrt in den Düsseldorfer HBF). Es hat kein Alleinstellungsmerkmal und wird keine Menschen nach Duisburg ziehen (außer den Menschen, die dort wohnen oder arbeiten werden)
Auch das Projekt in Wedau war schon zu Sauerlandzeiten bekannt. Man muss sich fragen, warum unsere Stadt nicht in der Lage ist, derartige Projekte zügig zu entwickeln, dann wären wir schon einen großen Schritt weiter.
Dass derartige Projekte nicht nur für die existierende Bevölkerung gebaut wird, dürfte ja wohl klar sein. Auf der einen Seite ist es schade, dass sich viele Duisburger die neuen Wohngebiete nicht leisten können (aber ich würde auch lieber Porsche fahren), aber auf der anderen Seite begrüße ich, dass wir neue Menschen in unsere Stadt locken und somit höhere Einnahmen für das Stadtsäckel generieren können. Damit sind wir vielleicht eines Tages nicht mehr arm, sondern nur noch unsexy 😉
8. Frage: Wie beurteilen Sie die derzeitige Situation in Sachen Logistik in Duisburg nach knapp über 20 Jahren Staake an der Spitze der Hafengesellschaft – hat das Ganze(Duisburg als Logistik-Standort) etwas gebracht, wenn ja was im Einzelnen? Und was hat es Ihrer Meinung nach an negativen Auswirkungen verursacht?
Mais: Auch die Logistik hat ihr Für und Wider. Die Frage muss sein, hätten wir in der kurzen Zeit dringend benötigte Arbeitsplätze realisieren können? Wahrscheinlich nicht. Die andere Wahrheit ist natürlich, dass eine Vielzahl an prekären Jobs entstanden sind.
Als Walsumer spüre ich die Probleme mit dem LKW-Verkehr bisher nicht. Dies ist wohl in Rheinhausen anders. Das würde mich auch wütend machen. Da ist die Politik gefordert, endlich durchzugreifen.
Duisburg war für mich oftmals (verkehrstechnisch) ein Dorf. Außer vielleicht in der Rushhour konnte man sich nicht beklagen, zumal der Hauptverkehr über die Autobahnen läuft.
Allerdings beobachte ich eine Tendenz, Fahrspuren zu verengen und künstlichen Stau zu verursachen. Das halte ich für absoluten Mumpitz. Ich sehe eher den stehenden Verkehr als Problem und nicht den rollenden Verkehr.
9. Frage: Wie beurteilen sie die Idee eines eigenen China-Referats in „OB-Nähe“ und wie die Ambitionen Chinas in Duisburg (u.a. bzgl. der Seidenstrasse etc.) ?
Mais: Ich hatte mir vom Besuch des chinesischen Staatspräsidenten Xi 2014 in unserer Stadt deutlich mehr versprochen. Bisher kann man nur sagen, nice to have.
Es ist schön für das Ego, auf der chinesischen Weltkarte zu sein. Aber dass wir davon profitieren, davon merke ich bisher nichts. Die Investitionen bleiben aus, selbst das China-Trade-Center in Asterlagen hat es nicht geschafft. Auf der anderen Seite ist China mittlerweile die Weltmacht, der man sich nicht verschließen kann (ob man will oder nicht). Wenn man sich abkoppelt, verpasst man den Anschluss.
Aber aktuell sind wir nur der verlängerte Arm, um die Warenströme aus China entgegen zu nehmen. Und ob man das im Rathaus verwalten muss, bezweifele ich. Aber vielleicht irre ich mich und die Bemühungen des China-Referats werden bald Früchte tragen. Ich irre mich gerne.
10. Frage: Duisburg wird oftmals von der Stadtspitze als „Konzern Duisburg“ bezeichnet, wie finden Sie diese Bezeichnung und die Entwicklungen die damit verbunden sind, u.a. die vielen Ausgründungen und städtischen Beteiligungen?
Mais: „Konzern Duisburg“ ist natürlich eine Marketing-Erfindung. Unter diesem Kunstbegriff fallen alle Aktivitäten, die die Verwaltung mit Hilfe der städtischen Gesellschaften wahrnimmt.
Ich kenne mich mit dem Verwaltungsrecht zu wenig aus, um beurteilen zu können, was städtische Gesellschaften besser können als städtische Behörden.
Es zeigt sich aber, dass die Kontrolle über die städtischen Gesellschaften nicht immer funktioniert. Und das konterkariert natürlich den Nutzen dieser Ausgliederungen. Aber es macht die Ausgliederung per se nicht schlecht.
Schlussbemerkung Mais:
Ihre Fragen waren aber diesmal auch nicht so kritisch. 😉
Antwort Schulze: Ich wollte Sie schonen. Aber ich verstehe nicht warum Sie ganz zu Anfang noch meinen frechen Stil „bemängeln“ und ihn zum Schluß vermissen.