Wenn man die aktuellen News der Stadt zur „Digitalen Schülerzeitung“ liest, ist man eigentlich prompt ganz guter Dinge. So erfährt man, dass die Stabsstelle Digitalisierung und das Amt für Schulische Bildung Anfang des Jahres das Projekt initiiert haben. Nun, wenn man den Text allerdings bis ganz unten liest, erfährt man aber stattdessen, dass Duisburger Schulen sich einem Projekt eines Unternehmens, das wiederum eine Online-Plattform bereitstellt, angeschlossen haben.
Und wenn man die Website der Plattform besucht, erfährt man, dass das alles kostenpflichtig ist.
In dem Stadtpressetext heist es u.a. (Zitat):
Daher wird interessierten Schulen das Redaktionssystem „digi.reporter“ der Werkstatt für digitale Bildung und Kommunikation für Online-Zeitungen angeboten. Die Handhabung von Redaktion, Pflege und Hosting ist einfach. Das System ist datenschutzkonform und wurde speziell für den Kontext Schule entwickelt – von der Grundschule bis zur Oberstufe.
„Mit dem Projekt stärkt die Stadt Duisburg die digitale Kompetenz ihrer Schüler und Schülerinnen. In der heutigen Zeit ist es wichtig, möglichst früh die Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen, um Medienkompetenz zu fördern. Die digitale Schülerzeitung vermittelt beides und stärkt darüber hinaus Demokratieverständnis und Persönlichkeitsentwicklung. Damit werden Duisburger Schulen wieder etwas smarter“, so Stadtdirektor und Digitalisierungsdezernent Martin Murrack. Die Stabsstelle Digitalisierung fungiert als Initiator und finanziert das Projekt mit 5.000 Euro.
https://www.duisburg.de/guiapplications/newsdesk/publications/Stadt_Duisburg/102010100000198049.php
Tja, das klingt alles ziemlich toll, nur hat das alles mit Medienkompetenz und Demokratie nicht viel zu tun.
Denn so wie ich die Sache bewerte, werden die Kids nur daran gewöhnt eine Online-Plattform zu nutzen, um dort nur die Dinge machen zu können die die Plattform auch zulässt.
Also genauso das was Facebook, Twitter und Co. auch bieten, hier nur im Mäntelchen von Medienkompetenz und Demokratie.
Dementsprechend sehen die Online-Schulzeitungseiten auch ziemlich uniform aus.
Und leider heisst das Ganze wenig gendergerecht auch noch digi:reporter, so als gäbe es Mädchen erstmal nicht: https://www.digireporter.de/schulen
Also ich verstehe unter einer Schulzeitung von Schulkids ganz was anderes, jedenfalls nicht die erzieherische Vorbereitung auf Uniformität statt Vielfalt.
Es mag ja sein, dass in Duisburg nun die vielen Laptops zum Einsatz kommen, die man inzwischen unters Schulvolk gebracht hat, aber es reicht bei weitem nicht aus damit mehr herbeizureden als die Bereitstellung und Nutzung eines simplen Gerätes. Wobei sich in Bälde auch noch chatGPT dazu gesellen wird.
Und angesichts des Themas Demokratie wird es dann wahrscheinlich eher nicht dazu kommen, dass die digitalen Schulzeitungen voll sein werden mit Fotos von kaputten Klos, verdreckten Umkleidekabinen und den krassen Schilderungen der Folgen von Lehrkräftemangel usw. usf.
Nein, es erscheinen wohl eher Wohlfühlbildchen aus dem Big-Friends-Album, Keksbackrezepte sowie Interviews mit SchulleiternInnen und dem OB in denen alles als suppi beschrieben wird.
Eine Schulzeitung sollte eigentlich ein wenig anarchisch sein und vor allem kreativ. Sie sollte sich unterscheiden von anderen und die Möglichkeiten bieten sich vielfältig gestalterisch auszutoben.
Was ich auf digi:reporter sehe ist meiner Ansicht nach bisher nur normierter Bullshit.
Hier ein Beispiel – ohne den beteiligten Kids nahetreten zu wollen:
https://ggs-sandstr-duisburg.digireporter.news/news/1675757681562
Ach ja, ob die durch die Plattform gesammelten Daten, wenn auch nur anonymisiert, möglicherweise weiterverwendet werden, erfährt man natürlich nicht. Denn alles spielt sich nämlich auf dem digi:reporter-Server ab.
Es ist ev. an der Zeit Link, Murrack und Co. ein wenig Medienkompetenz zu vermitteln.
NACHTRAG
So machts Bayern: https://www.km.bayern.de/epaper/manual_schuelerzeitung/files/assets/common/downloads/publication.pdf