Vorweg nur zwei der allerwichstigsten Meldungen des heutigen Tages – laut meiner google-News:
Junges Duisburg will 3D-Zebrastreifen: https://www.radioduisburg.de/artikel/junges-duisburg-will-3d-zebrastreifen-1802914.html
Bierpreis beim MSV-Spiel Thema in der Sportschau: https://www.waz.de/staedte/duisburg/teures-bier-beim-msv-duisburg-sportschau-nimmt-protest-auf-id239869625.html
WOW. Da sind wir aber beruhigt, dass es nichts Wichtigeres gibt.
Weniger beruhigt dürfte man sein, wenn man sich für weitaus wesentlichere Dinge interessiert, die aber wahrscheinlich auch viel weniger in den News sowie bei den Anstrengungen in der Politik und den Parteien eine Rolle spielen. Aber dafür gibt es ja DUISTOP.
Erst vor einigen Tagen hatte ich geschrieben wie sehr doch die Aufmerksamkeit und die Beschäftigung mit dem Thema „geringe Wahlbeteiligung“ vor allem die bei der letzten Landtagswahl, in NRW in Gänze sowie besonders in Duisburg, erloschen sind.
Kurz nach der Wahl schmissen sich alle verbal in die Bresche wie außerordentlich gefährlich diese Entwicklung für die Demokratie sein, doch heute spricht niemand mehr darüber, auch nicht die Politik selbst.
Insofern kam ein gestriger Vortrag genau zur richtigen Zeit. Gehalten in der VHS von Dr. Julia Schwanholz von der UNI DUE und der dortigen School of Governance zum Thema „Wahlbeteiligung“.
Ich war dabei, zusammen mit nur neun anderen, PolitikerInnen waren nicht vor Ort.
Frau Dr. Schwanholz, selbst SPD-Mitglied seit 2017 und wohl mit dem Verteidigungsminister liiert, referierte also vor sehr kleiner Kulisse und legte dar wie sehr die Wahlbeteiligungen über alle Wahlen hinweg (Bund, Land, Kommunal, EUROPA) tendenziell und tatsächlich immer mehr abnehmen.
Tiefpunkt wie gesagt die NRW-Wahl im letzten Mai und das ganz besonders in Duisburg.
Ohne jetzt auf die Daten und Fakten des Vortrags allzusehr einzugehen, der wesentliche Befund aus meiner Sicht war der, dass anscheinend die meisten Menschen quer durch alle Milieus und ungeachtet ihres Status inkl. ihrer Bildung* mit den demokratischen Institutionen und auch der gesamten Organisisation unseres Landes (Politik, Verwaltung) nichts anfangen können. Überspitzt: Sie wissen wohl nicht einmal warum sie wen wählen soll(t)en.
Wenn ein nicht unkleiner Anteil davon trotzdem wählen geht, na dann …!?
Frau Dr. Schwanholz hatte sich nach der ’22er-Mai-Wahl bereits öffentlich ins Spiel gebracht und das Thema auch in der Presse angesprochen. Ich hatte sie daraufhin sofort mehrfach angeschrieben und um weitere und nähere Details gebeten, was es denn an Lösungen geben könnte. Reagiert und geantwortet hat sie nicht.
Gestern erfuhr ich dann, dass sie aber wohl zwei Forschungsaufträge an Land gezogen hat. Einen von der Stadt und einen vom Land.
Leider gaben die beiden erfolgten Studien für die Stadt mit 27 Probanden und fürs Land mit 52 Probanden nicht allzuviel her was man eventuell hochskalieren könnte.
Lediglich die bereits oben beschriebenen Erkenntnisse über die politischen Unkenntnisse kann man daraus anscheinend ablesen. Die Probanden bekamen übrigens Geld für ihre Auskunftsbereitschaft.
Das Ganze inkl. des Vortrags zeigt aber auf wie sehr die Politik tatsächlich an dem Thema interessiert ist:
Zwei mickrige Studien für ein solch wichtiges Thema. Und warum findet sich der Vortrag nicht wieder auf den Webseiten von Stadt und Land?
Frau Dr. Schwanholz ist aber trotzdem klar was man unbedingt machen sollte um der Entwicklung weiter erodierender Wahlbeteiligungen entgegenzuwirken:
Ihr Vorschlag: Politische Bildung. Klingt irgendwie gut.
Tja, aber an der Stelle will gerade die Bundesregierung kürzen.
Mein erster Einwand gestern:
Wer soll diese Art der Bildung durchführen, wenn wir eh schon zu wenige Lehrkräfte haben?
Der von Frau Dr. präferierte Ort für die Bildung soll die Schule sein, weil es schließlich eine Schulpflicht gäbe und da müsste man eben mitmachen.
Tja aber genau da fehlen eben auch die so wichtigen Lehrkräfte und noch wichtiger eigentlich: In der Schule ereichen wir, wenn wir das Ganze heute noch starten würden und könnten, nur noch einen Bruchteil der Wahlberechtigten, denn der Großteil hat ja die Schulen schon verlassen und darf immerhin noch 40 Jahre oder länger wählen ohne jedoch in den Genuß der politischen Bildung gekommen zu sein.
Weshalb ich gestern vorschlug doch fünf Minuten vor jeder tagesschau mit Bildungsprogrammen zu „bespielen“.
Das würde ich auch auf alle anderen Medien zwangsweise ausdehnen. Denn eins wurde auch klar. Die meisten Menschen die wahlberechtigt sind benutzen auf jeden Fall jede Menge Medien inkl. Social Media, nur dort findet politische Bildung so gut wie nie statt. Stattdessen aber jede Menge Hass und Hetze.
PolitikerInnen sollten ihre Social Media Accounts mal überprüfen und ev. mit sinnvolleren Inhalten füllen oder es ev. ganz bleiben lassen. Zumindest auf gewissen Portalen wo es auch noch einen signifikanten Zusammenhang zwischen politischer Einflussnahme per Portal hier und Subventionen usw. bei GIGA-ntomanischen Fact… äh … Fabriken dort geben könnte.
Fazit:
In einer Zeit in der bei einer Befragung sich wahrscheinlich 90 Prozent aller Befragten für Ihr Smartphone und auf den Verzicht des Wahlrechts entscheiden würden, hat das gesamte Thema „sinkende Wahlbeteiligung“ einen viel höheren Stellenwert verdient. Vor allem auch seitens der Politik.
Aber die ist meines Erachtens mit den Verhältnissen irgendwie ganz zufrieden. So ist es auch nur konsequent, wenn mir auf meine Presseanfragen kaum geantwortet wird. Fragen und Antworten sind allerdings ein signifikanter Bestandteil von Bildung – und tragen andererseits zur möglicherweise überlegteren Entscheidung an der Urne bei.
Ein Respekt-Typ wie The Brain Börner würde wohl auch bei weiterhin sinkender Wahlbeteiligung immer noch von einem verdienten Sieg reden, Hauptsache er selbst sitzt danach weiter im Landtag.
Warum ich gerade ihn erwähne? Nun bei ihm im Wahlkreis gab es die niedrigste Wahlbeteiligung. Setzt er sich irgendwie dafür ein, dass sie wieder steigt? Nein!
QED
Übrigens:
Als Hauptgrund bei Befragungen warum Leute nicht wählen gehen ist mit rund 2/3 der folgende:
Die Politik macht doch eh was sie will.
Schlußsatz dazu von mir:
Oder sie macht eben nichts.
* Hier zeigt der Finger der Unterlassung und Schuldigkeit natürlich tausendfach und mehr auch auf Frau Dr. Schwanholz und das gesamte bundesweite Lehr-Kollegium zurück.